Scheinselbstständigkeit: Kriterien und Checkliste
Eine Einstufung der beruflichen Tätigkeit eines Unternehmers als Scheinselbständigkeit hat ernsthafte Konsequenzen. Es drohen erhebliche Kosten, da fortan Sozialabgaben fällig und je nach Situation diese sogar rückwirkend erhoben werden.
Wer „scheinselbstständig“ ist, gilt nicht mehr als Selbstständiger, sondern als abhängig beschäftigte Person. Der Auftraggeber von Scheinselbständigen gilt als Arbeitgeber und ist verpflichtet, für seine Arbeitnehmer Sozialabgaben einzuzahlen und gegebenenfalls nachzuzahlen.
Die Problematik betrifft mehr Selbständige als oft vermutet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Gewerbetreibende, Freiberufler (Freelancer), Honorarärzte oder sonstige Einzelunternehmen handelt. Auch die Anzahl der Auftraggeber spielt, wie oft irrtümlicherweise angenommen wird, keine Rolle.
Als Konsequenz dieser überraschenden Nachzahlung verzichten Unternehmen künftig in der Regel auf die betreffenden Dienstleister. Oder sie vermeiden es von vornherein, mit selbstständigen Dienstleistern zusammenzuarbeiten und seien diese noch so gut.
Nachfolgend informieren wir von der clearing solutions GmbH Sie über die wichtigsten Kriterien zur Scheinselbständigkeit und halten eine zugehörige Checkliste bereit.
Scheinselbstständigkeit erkennen – eine Checkliste
Die Prüfung dahingehend, ob eine Scheinselbständigkeit besteht, ist umfassend und komplex. Es hat eine detaillierte Prüfung des jeweiligen Einzelfalls zu erfolgen. Die Checkliste ist daher nur als grobe Orientierungshilfe zu verstehen.
Eine berufstätige Person ist voraussichtlich nicht scheinselbständig, wenn sie alle oder möglichst viele der folgenden Kriterien erfüllt. Die Person
- trägt ein unternehmerisches Risiko und haftet auch dafür
- bestimmt Arbeitszeit und Ort selbst
- arbeitet in eigenen Räumlichkeiten und hat diese auch angemietet
- unterliegt keiner Weisungsabhängigkeit
- betreibt eigenes Marketing und Kundenakquise
- Ausschaltung der weichen Kriterien
- rechtsicherer Verträge und damit verbundene Statusfeststellung
- hat ein eigenes Büro, eigenen Internetauftritt
- erfüllt die sog. weichen Kriterien, etc.
Insgesamt gibt es über 100 Prüfkriterien.
Noch Fragen zum Thema „Scheinselbstständigkeit-Kriterien“ und „Scheinselbstständigkeit: Checkliste“? Dann kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail oder telefonisch.
Was ist die 5/6 Regelung?
Das Sozialrecht kennt neben Selbständigen und Scheinselbständigen außerdem arbeitnehmerähnliche Selbständige. Letztere erzielen mehr als 5/6 ihrer Umsätze mit einem Auftraggeber.
In der Praxis kommt es gelegentlich zu Verwechslungen. Es wird vermutet, die 5/6 Regelung würde automatisch Scheinselbständigkeit definieren. Tatsächlich definiert sie jedoch nur, ob eine Rentenversicherungspflicht vorliegt.
Wer prüft, ob eine Scheinselbständigkeit vorliegt?
Im Idealfall überprüft der Selbständige seinen Status selbst. Aber auch Auftraggeber können eine Überprüfung vornehmen. Solch eine Überprüfung kann anhand eigener Kriterien erfolgen. Garantierte Klarheit liefert jedoch das Statusfeststellungsverfahren.
Hierfür ist ein Antrag auszufüllen, der von der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund überprüft wird. Die Behörde entscheidet verbindlich darüber, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt.
Wer haftet im Ernstfall?
Grundsätzlich stehen beide Parteien, also Auftragnehmer und Auftraggeber, in der Haftung. Im Falle einer Sanktion trifft es den Auftraggeber jedoch härter. Im droht die rückwirkende Nachzahlung von Sozialabgaben für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren. Bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren. Darüber hinaus werden Zinsen fällig.
Davon abgesehen könnte der Beschäftigte aufgrund seiner Situation eigene Forderungen stellen, die ihm gemäß den Sozialgesetzen zustehen. Dies sind Anspruch auf Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub.
Der Auftragnehmer wiederum verliert seinen Status als Selbständiger und wird ebenfalls zur rückwirkenden Zahlung von Sozialabgaben verpflichtet. Allerdings liegt eine Deckelung für die letzten drei Monate vor. Sein Auftraggeber könnte ihn an den Strafzahlungen beteiligen, indem eine Kürzung des Honorars erfolgt.
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